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Interview mit Big Dutchman-Produktmanager Daniel Proetel

„Landwirte haben den Nutzen von Digitalisierung und Datenaustausch noch nicht ausreichend erkannt“

  • Mithilfe von Farmbookpro können unter anderem Produktionsdaten mobil erfasst und ausgewertet werden
    Produktionsdaten mit FarmBookpro auswerten
  • Im Interview mit Pluimveeweb.nl erläutert Big Dutchman-Produktmanager Daniel Proetel die Bedeutung der Digitalisierung für die moderne Tierhaltung.
    Daniel Proetel im Interview
  • Keine Zettelwirtschaft mehr: Mit der von Big Dutchman entwickelten App FarmBookpro wird das Smartphone zur digitalen Stallkarte
    FarmBookpro App

Daten als Zahlungsmittel für bessere Beratung? Dieses Konzept hat Zukunft, meint Daniel Proetel von Big Dutchman. Der Produktmanager für innovative Softwarelösungen blickt auf einen reichen Fundus an Berufserfahrungen außerhalb der Landwirtschaft zurück. Erfrischend anders liest sich daher seine Sichtweise auf Digitalisierung und Datenaustausch im Geflügelsektor.  

Das Interview führte Robert Ten Kate vom niederländischen Geflügelportal pluimveeweb.nl 

Was haben Digitalisierung und Daten mit Landwirtschaft und Stalleinrichtungen zu tun? 

Der Anruf von Big Dutchman vor anderthalb Jahren mit der Frage, ob ich für die Firma tätig werden wolle, kam überraschend. Ich hatte zuvor hauptsächlich in den Bereichen Informationstechnologie und Telekommunikation gearbeitet und dort viel Erfahrung gesammelt. Als man mir bei Big Dutchman erklärte, dass das Unternehmen Produkte aus Kunststoff und Stahl herstelle, fragte ich mich, wofür sie einen Computertechniker wie mich brauchen könnten. Damals wusste ich noch nicht, dass die Nutzierhaltung, und speziell die Geflügelmast, jede Menge Technik bedeutet und viele Daten generiert. Mein Interesse war also geweckt.

Viele Landwirte schreiben Informationen zu Futterverbrauch oder Tierarztbesuche auf Stallkarten und leiten diese dann an den Schlachthof weiter. Die Digitalisierung macht diese Prozesse deutlich effizienter. Die Landwirte nutzen einfach ihr Smartphones, um Informationen zu erfassen. Durch den direkten Datenaustausch können sie die Infos in Echtzeit auf dem Laptop analysieren und mit dem Schlachthof und Veterinär teilen. Der Tierarzt erhält so wichtige Erkenntnisse für die Behandlung der Tiere, ohne dass er zwingend vor Ort sein muss.

Der Landwirtschaft stehen also noch viele Möglichkeiten der Digitalisierung und des Datenaustauschs offen? 

Definitiv! Stellen Sie sich vor, Informationen über Ihre Silostände werden kontinuierlich an eine Futtermühle weitergegeben. Sobald der minimale Füllstand im Silo erreicht wird, löst dies automatisch eine Bestellung aus. Selbstverständlich erst nach Ihrer Freigabe und den zuvor von Ihnen festgelegten Vorgaben. Dadurch sparen Sie nicht nur jede Menge Zeit und Verwaltungsaufwand, sondern optimieren gleichzeitig Ihren Produktionsprozess.   

Woher kommt dieser Trend zur Digitalisierung in der Landwirtschaft? Besteht die Notwendigkeit, der digitalen Entwicklung in anderen Bereichen zu folgen? 

Das hängt vom Markt ab. Deutschland beispielsweise ist ein gesättigter Markt mit einem hohen Lebensstandard, in dem immer mehr Menschen Interesse an Tierwohl und Gesundheit zeigen. Die Verbraucher möchten genau wissen, woher ihre Nahrung kommt. Die Digitalisierung macht Lebensmittel rückverfolgbar. In anderen Regionen, wie etwa in Asien, wird die Digitalisierung hauptsächlich zur Produktionsoptimierung eingesetzt. 

Aber dient die Digitalisierung nicht auch in Europa der Produktionsoptimierung? 

Doch, natürlich, aber Hintergrund und Herangehensweise sind anders. In China und im übrigen Asien ist dies vor allem auf den steigenden Wohlstand zurückzuführen. Verbraucher fragen mehr tierisches Eiweiß nach und die Landwirte wollen so viel produzieren wie nur möglich. In Europa müssen wir darüber hinaus Aspekte wie Akzeptanz der Öffentlichkeit sowie Verordnungen rund um Tierwohl und Umweltschutz berücksichtigen. In Europa finden Optimierungsprozesse daher innerhalb bestimmter Regelwerke statt. 

„Das Motiv für Digitalisierung und Industrialisierung ist nicht länger die Prozessoptimierung, sondern die Optimierung ganzer Wertschöpfungsketten.“

Aber die Digitalisierung hat einen weiteren Aspekt. Zumindest in Europa leben wir in einer Zeit, in der Nahrungsmittel entlang der gesamten Wertschöpfungskette rückverfolgbar sein müssen. Landwirte müssen also den Rest der Kette einbeziehen. Kooperation und Datenaustausch sind darum unabdingbar. Ich bin davon überzeugt, dass – zumindest mit Blick auf "Industrie 4.0" – der Motor für Digitalisierung und Industrialisierung nicht länger die Prozessoptimierung ist, sondern die Optimierung ganzer Wertschöpfungsketten.

Angeblich hinkt der Agrarsektor bei Digitalisierung und Datenaustausch etwas hinterher. Wie sieht die Situation aktuell aus, holen wir auf? 

Ich würde sagen, dass die Landwirtschaft im Großen und Ganzen etwa fünf Jahre später dran ist als andere Bereiche. Das hängt allerdings stark davon ab, wohin und wie man schaut. Als ich bei Big Dutchman anfing, habe ich auf vielen Betrieben eine „De-Digitalisierung“ festgestellt. Beispielsweise sammelt eine Vielzahl digitaler Systeme digitale Daten. Und dann schreibt der Landwirt diese Daten auf mit einem Stift auf eine Stallkarte. 

„Auf vielen Betrieben gibt es eine ‚De-Digitalisierung‘.“

Aber es kommt oft noch schlimmer, denn anschließend faxt der Landwirt die Karte weiter und der Empfänger gibt die Daten wieder in seinen Computer ein! Der springende Punkt ist: Wenn die Daten doch schon digital vorliegen, warum dann viel Zeit verlieren, statt sie einfach zu nutzen?

Warum sind Landwirte so zurückhaltend bei der Weitergabe ihrer Daten? 

Weil wir sie bisher noch nicht davon überzeugen konnten, dass ihre Daten in der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette sicher sind. Ich glaube, die Daten können viele vertrauliche Informationen enthalten wie etwa Unternehmensinformationen, die Landwirte aus verschiedenen Gründen nicht weitergeben wollen, zumindest nicht mehr als nötig. Das ist schade, denn Daten können für nachgeschaltete Schritte in der Wertschöpfungskette sehr wertvoll sein. Ich denke aber auch, dass viele Landwirte Angst vor Datenmissbrauch haben und deswegen nicht weiterschauen.

Landwirte haben den Nutzen von Digitalisierung und Datenaustausch noch nicht ausreichend erkannt. Das haben wir etwa bei unserer Suche nach Testfarmen für unsere FarmBookpro-App gemerkt. Die neue App gewährt Geflügelhaltern Einblick in ihre eigenen Daten. Wir wollten Landwirte auf unsere „digitale Reise“ mitnehmen und gemeinsam digitale Produkte entwickeln, um Betriebsabläufe zu optimieren. Die Herausforderung war groß. Zuallererst müssen Sie die Landwirte überzeugen, dass der Datenaustausch mit anderen Parteien der Wertschöpfungskette sinnvoll ist, und dass alle einen Nutzen daraus ziehen – besonders der Landwirt selbst.

Wie können wir Landwirte davon überzeugen, dass ein Datenaustausch sinnvoll ist, und ihnen deutlich machen, dass ihre Daten sicher sind, auch bei den anderen Parteien? 

Am Anfang muss ein grundsätzliches Verständnis der Notwendigkeiten, Chancen und Möglichkeiten von Datenaustausch stehen. Wir können heute unglaublich beeindruckende, technische Lösungen entwickeln, aber wenn Sie nicht verstehen, wofür Sie eine App brauchen, dann wissen Sie auch nicht, warum und wie Sie sie nutzensollten. 

Wie reagiert Big Dutchman auf die Digitalisierung? Sie erwähnten die App FarmBookpro. Was genau ist das?

FarmBookpro ist eine neue App, mit der Broiler-, Enten- und Putenhalter ihre Produktion unkompliziert dokumentieren und auswerten. Temperatur, Feuchtigkeit, Mortalität, Futter und Wasserverbrauch – alles kann erfasst werden Dafür benötigt der Landwirt nur sein Smartphone. Anhand der erfassten Daten erstellt FarmBookpro automatisch Berichte oder PDF-Übersichten zum Ausdrucken oder Versenden per E-Mail 

„FarmBookpro ist eine App, die es Geflügelhaltern ermöglicht, ihre Produktion einfach zu dokumentieren und auszuwerten.“

Auf der FarmBookpro-Webseite werden die Daten grafisch aufbereitet. Der Landwirt kann seine aktuellen Werte bequem mit den Anforderungen der Brüterei oder mit vorhergehenden Durchgängen vergleichen. Es wird sehr einfach, Produktionseffizienz und andere Daten im Blick zu haben. Selbiges gilt für die Dokumentation. Dies spart Zeit, und der Landwirt kann sich auf das Wesentliche konzentrieren – seine Tiere.

Dabei ist es unerheblich, von welchem Hersteller die Stalleinrichtung stammt oder ob ein Landwirt mehrere Ställe und Standorte erfassen möchte. Der Landwirt entscheidet ferner selbst, welche Rechte er vergibt, also ob jemand Daten nur lesen oder auch eingeben kann. Ich glaube, wir können zurecht sagen, dass wir mit FarmBookpro Digitalisierung und Datenaustausch sehr praxisorientiert mit echtem Mehrwert für den Landwirtumgesetzt haben. 

Wie haben die Landwirte auf FarmBookpro reagiert?

Ich habe ein gutes Beispiel: Ein Landwirt, der unsere FarmBookpro-App getestet hat, entschied, seinem Tierarzt Zugriff auf seine Daten zu geben. Daraufhin brauchte er seine Stallkarten nicht mehr selber ausfüllen. Außerdem fielen weniger Tierarztbesuche an, und die einzelnen Visiten waren effektiver.

Ein anderer FarmBookpro-Kunde zeigte mir seine Tagesstatistik und sagte: „Ich sammle alle Daten meiner Tiere ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt. Ich schreibe sie auf, hole mir eine Tasse Kaffee und verbringe eine Stunde damit, Zusammenhänge zu suchen.“ Also fragte ich ihn: „Warum eine Stunde?“ Dann zeigte ich ihm seine Daten als Diagramm aufbereitet. Er erkannte sofort alle möglichen Zusammenhänge, was ihn sonst eine Stunde gekostet hätte. Die Menschen sind visuell orientiert, und daran arbeiten wir: Daten visualisieren.

Wir wissen, dass sich niederländische Farmer für digitale Angebote zur Optimierung ihrer Produktion begeistern können. Nicht zuletzt deswegen sind die Niederlande ein interessanter Markt für FarmBookpro. Eines unserer nächsten Ziele ist, die App neben Englisch und Deutsch in weiteren Sprachen anzubieten.

Wie sehen Digitalisierung und Datenaustausch in einer idealen Welt aus?

Ich würde sagen, dass zukünftig alle Systeme innerhalb der Wertschöpfungskette miteinander kommunizieren und Daten austauschen einschließlich mit Teilnehmern außerhalb des Betriebs, zum Beispiel mit Schlachthöfen und Supermärkten. So sehen wir genau, wo unsere Lebensmittel herkommen und alle Systeme sind optimal aufeinander abgestimmt.

„Die Datenhoheit sollte immer in den Händen der Landwirte liegen.“

Das wichtigste Thema ist aber die Kontrolle. Die Datenhoheit sollte immer beim Landwirt liegen. Er muss verstehen, welche Vorteile der Datenaustausch hat. Er kann zum Beispiel dem Futterlieferanten Daten anbieten. Und Je mehr spezifische Daten er an den Futterlieferanten weitergibt, umso mehr Informationen erhält er über das Futter.

Daten als eine Art Zahlungsmittel??

So könnte man das sehen. Aber da die Originaldaten vom Landwirt stammen, hat er den Wert der Daten in der Hand. Auf diese Weise behält der die Kontrolle darüber, was er mit seinen Daten machen möchte und was er im Gegenzug zurückbekommt.

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